Verflucht nochmal! Was soll denn kognitive Dissonanz bedeuten? Immer diese Fremdwörter. Keine Sorge, das wird gleich erklärt. Wenn Du bisher nachhaltig gelebt hast, dann wirst Du Dir voraussichtlich am Ende des Artikels selbst einige neue Fragen stellen. Mir ging es zumindest beim Schreiben schon so. Viel Spaß beim Ergründen Deiner kognitiven Dissonanz.
Was ist kognitive Dissonanz?
Kognitiv ist alles was die eigene Wahrnehmung und das eigene Erkennen betrifft, also wie Du Deine Umwelt und Dich bewertest und siehst. Und wenn etwas in Dissonanz ist, dann passt es nicht zusammen, weil es voneinander abweicht. Am einfachsten kann man sich das damit verbundene Gefühl vorstellen, wenn man sich einer unangenehmen Wahrheit bewusst wird. Beispielsweise, dass man sich als ehrlichen Menschen wahrnimmt, aber dann trotzdem regelmäßig auf die Fragen „Warst Du das?“, „Wie gefällt Dir das?“, „Sehe ich darin dick aus?“ oder „Wie geht es Dir?“ mit einer Lüge antwortet. Wenn man dann merkt, dass man in diesen Situationen eigentlich nicht lügen müsste, es aber trotzdem in einer gedankenlosen Regelmäßigkeit macht, dann nimmt man bei sich kognitive Dissonanz wahr – Denken und Handeln passen nicht zusammen.
Warum ist kognitive Dissonanz bei einem nachhaltigen Lebensstil vollkommen normal?
Wenn es um Nachhaltigkeit geht, dann scheint dieses Auseinanderdriften des eigenen Charakters unumgänglich und somit absolut normal zu sein. Warum?
„Du kannst (aktuell) nicht nachhaltig leben ohne regelmäßigen Selbstbetrug!“
Versorgst Du Dich selbst, stellst Deine Kleidung, Strom, Trinkwasser, Unterhaltung und alles andere komplett autark selber her? Woher kommen die Rohstoffe dafür? Wie kommen sie zu Dir? Wir sind so weit von einem natürlichen Leben der Ureinwohner entfernt, dass wir in globaler Arbeitsteilung leben und global aufeinander angewiesen sind. Ja, es gibt hier und da kleine Kommunen, die möglichst nachhaltig in einer Gruppe leben, aber auch diese Gruppen benötigen für ein „zivilisiertes“ Leben, wie wir es gewohnt sind, Rohstoffe und Arbeitswissen von außen.
Kurz Durchatmen. Jetzt gehen wir den Gedankengang ein wenig weiter. Lässt Du Kinder oder alte Menschen erschießen, sobald eine nachhaltig lebende Kommune nachwachsende Rohstoffe schneller verbraucht als diese (nachhaltig) nachwachsen können? Keine Sorge, darüber musst Du Dir keine Gedanken mehr machen, da wir diesen Punkt vermutlich schon vor mehreren Jahrhunderten bereits überschritten hatten. Sieben Milliarden ist schon ein Wort. Global gesehen dürften wir Menschen sicher aktuell einige Rohstoffe deutlich schneller verbrauchen als diese sich regenerieren können.
Angeblich soll es vor etwa 20 Jahren in England eine Partei gegeben haben, deren Ziel der Atomkrieg war, damit die Menschheit deutlich dezimiert wird. Halte ich als Methode für etwas harsch, um es freundlich zu formulieren. Die Partei ist ein Beispiel einer krassen Lösungsvariante, die hoffentlich damals satirisch gemeint war, aber das Kernproblem bombastisch in den Vordergrund rückte.
Bei sieben Milliarden Menschen werden nicht nur viele Ressourcen verbraucht, sondern auch viele Ressourcen umverteilt und transportiert, was ebenfalls eigentlich besser bedacht und gelöst werden müsste. Die meisten Menschen in der westlichen Welt leben ein durchschnittliches Leben, das sie so seit Kindesbeinen an gewohnt sind und oft auch nicht hinterfragen. Stellt man sich aber die Frage bezüglich der kompletten komplexen Verflechtung, dann merkt man, dass man schon einen extrem krassen Wechsel des Lebens- und Arbeitswandels machen müsste, um ohne kognitive Dissonanz ein wahrhaftig nachhaltiges Leben führen zu können.
Auch wenn man sich romantisch (v)erklärt dem komplett nachhaltigen Gesellschaftszustand als kleine urvölkerähnlich lebende Kommune annähert, kommt irgendwann der Punkt an dem die Einwohnerzahl kein nachhaltiges Gleichgewicht mehr ermöglichen würde. Regional ernähren, nachhaltig bauen, energiearm leben, usw. … das sind alles richtige Schritte in die richtige Richtung, aber diese überbrücken nicht den ganzen Weg zur reinen Nachhaltigkeit!
Darum möchte ich dafür werben, dass sich Menschen finden, die eine langfristig nachhaltig funktionierende Lösung finden, die es uns ermöglicht komplett ohne kognitive Dissonanz nachhaltig zu leben.
„Die Menschheit kann aktuell technisch und gesellschaftlich noch nicht perfekt nachhaltig leben!“
Mein persönlicher Favorit wäre die Erfindung des Replikators. Ein Gerät, das Müll in seine atomaren Bestandteile zerlegt und dann Neues aus den Atomen zusammenstellt, wäre die geniale Lösung bei der wir den aktuellen Lebensstandard erhalten und sogar verbessern könnten. Bis zur Erfindung eines ähnlichen Gerätes, müssen wir wohl damit leben, dass wir bei genauer Betrachtung immer nur etwas nachhaltiger als gestern leben können, weil die Menschheit technisch und gesellschaftlich noch nicht perfekt aufgestellt ist.
Was ist „gut“ und was ist „böse“?
Wer bis jetzt noch nicht innerlich durchgeschüttelt ist, der darf sich auf den kommenden Abschnitt freuen. Bis jetzt ging ich von einem allgemein anerkannten Bild von Nachhaltigkeit aus, was jeder Leser sofort unterschrieben hätte, weil es in Foren und allgemeinen Diskussionen lautstark und von mehreren Leuten vertreten wird. Plastik ist böse, Strohhalme sind böse, Kaffeealukapseln sowieso und Fleisch essen grundsätzlich auch. Gemüse essen ist gut, Jutebeutel und Glasflaschen auch.
Fluch der globalen Vernetzung – Die lustige Dorfdeppenmetapher
Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, von wem diese geniale Erklärung stammt, aber ich danke ihm für diese Erkenntnis! Es geht darum, dass damals vor der Zeit des Internets jedes Dorf einen Dorfdeppen hatte, welcher die abstrusesten Ideen und Gedanken verbreitete. Je nachdem wie abstrus und vehement er seine Meinung kund tat, erhielt er die entsprechende „Nordung“ durch die Meinung der Mehrheit.
Heutzutage werden die Dorfdeppen nicht mehr am Pranger mit Tomaten und faulen Eiern beworfen, sondern sie sitzen am Rechner und vernetzen sich. Es bilden sich online quasi Dorfdeppendörfer, die dann ihrerseits die Meinung Andersdenkender als „Dorfdeppenmeinung“ diffamieren und sich als Opfergemeinschaft gegenseitig bestärken, dass die anderen die Dorfdeppen seien und sie nicht!
Und wenn Du Dir jetzt die letzten beiden Absätze aufmerksam durchliest, dann erkennst Du sicher, dass auch DU ein Dorfdepp bist! Lass es kurz sacken. Ja, wir alle sind Dorfdeppen – auch ich bin einer – in unserem kleinen (Internet-)Dorf! Der nächste der Dich und Deine Meinung klasse findet ist nur eine Foren- oder Gruppensuche weit entfernt.
„Es gibt KEINE globale Instanz, die heutzutage mehr „gut“ oder „böse“ definiert.“
Der Umzug zwischen den virtuellen Dörfern ist so einfach und schnell, dass – meines Erachtens – wichtige soziale Fähigkeiten, die mit einem realen physischen Dorf einhergehen, komplett verloren gehen, nämlich die Fähigkeit Diskussionen auszuhalten. Was ist „gut“ und was ist „böse“? Ja, frag doch Deine Dorfgemeinschaft. Mist, die mögen Deine Meinung nicht. Dann sind DIE doch doof und Du ziehst klick klick tipp tipp zum nächsten besseren Dorf um.
Was will ich damit sagen? Es gibt KEINE globale Instanz, die heutzutage mehr „gut“ oder „böse“ definiert. Egal wo du hingehst, Du bist immer eine Umweltsau, ein Gutmensch, voll der tolle Vordenker, die vegane Superbraut oder der fleischessende Vernichter des Abendlandes. Unsere Gesellschaft hat es verpasst sich auf eine globale Gesellschaft einzustellen. Religionen waren damals ein Anker an dem sich die Mehrheit festhalten konnte, aber wie sieht es denn aktuell aus? Hast Du den Eindruck, dass sich eine weltweit anerkannte moralische Instanz halten oder entwickeln konnte? Also ich nicht.
Der Segen der globalen Vernetzung
Wir stehen vor der großen Herausforderung diese globalen moralischen Standards – nachträglich – zu etablieren. Und groteskerweise bietet die globale Vernetzung ebenfalls die Lösung für das riesige Problem an.
Alle „Dorfdeppen“ können gemeinsam über ihre Meinungen diskutieren und sich gegenseitig über Anregungen auch positiv weiterentwickeln. Man muss sich lediglich ein wenig selbst verändern und akzeptieren, dass es im Nachbardorf keine Klimaerwärmung oder kein Interesse an den Gefühlen von Tieren gibt. ABER, das wichtige ist, dass das Nachbardorf auch Werte, Ideen und Vorstellungen hat, die sich zu etwas kombinieren lassen, das beide Dörfer gut finden.
Diesen Spagat schafft man aber nur, wenn man eine weltoffene Für-Kultur entwickeln kann. Das ist Deine persönliche Wachstumsaufgabe: mach Dich stark FÜR eine deiner Meinung gute Sache und begeistere das Nachbardorf. Wer Gegen-Kultur lebt, der beleidigt lediglich die „Dorfdeppen“ von nebenan und disqualifiziert sich selbst zum noch größeren „Dorfdeppen“. Wer gegen andere vorgeht, der erntet Abwehr und Gegenangriff. Aber wer auf andere zugeht, der kann auch mal eine Einladung zum Kaffee und Kuchen erhalten, damit man eine gemeinsame Basis findet auf der aufbauend gemeinsame Moralstandards entwickelt werden können.
„Frage Dich immer: Warum macht der andere das so? Ist das vielleicht wirklich besser als meine eigene Vorstellung von „gut“?
Dank der globalen Vernetzung musst Du nicht selbst nach Japan, Australien, Grönland oder Trinidad fliegen um zu erfahren wie man gewisse Dinge bei denen sieht, sondern kannst das bequem von zu Hause aus machen. So einfach wie man auch eine Wollbettdecke bei uns online bestellen kann.^_^
Was ist denn nun ein nachhaltiger Lebensstil?
Kannst Du die Frage immernoch genauso beantworten wie vor dem Lesen dieses Artikels? Diese Frage musste ich mir beim Schreiben des Textes genau an dieser Stelle ebenfalls stellen. Und wenn ich ehrlich bin, dann bin ich deutlich vorsichtiger mit einer Antwort als vor diesem Artikel und ich glaube, das ist auch absolut gut so. Hoffe ich. Was denkst Du darüber? Hast Du auch einen kleinen „Dorfdeppen“ in Dir entdeckt?
Als ich mit Alina über das Thema eines möglichen Gastartikels sprach, da sagte sie dass sie (als Veganerin) es spannend fände die Sicht eines Mischköstlers der nachhaltig lebt zu lesen. Ich liebe den Begriff „Mischköstler“! Lustigerweise haben sich da zwei „Dorfdeppen“ der Dörfer „Vegan“ und „Grillfleischliebhaber“ getroffen.
„Dorfdeppen“ in dem Sinn, dass es auf keine Kuhhaut geht – lol, man verzeihe mir die Metapher – was ich an Anfeindungen und irritierten Blicken in meinem Dorf ernten musste als ich sagte, dass ich eine (leckere) vegane Tomatensuppe von Alina testen möchte. Einfach so, weil es mich interessiert, ob sowas schmecken kann – ist schließlich vom „feindlichen“ Veganerdorf. Da ich dieses Nahrungsmittelmobbing nun selbst erlebt habe, kann ich mir sehr gut vorstellen wie mies sich so mancher Vegetarier und Veganer im Nachbardorf fühlen muss.
Ich will nicht wissen was sich Alina anhören muss nur weil sie jemanden hier was schreiben lässt, der das Wort Grillfleisch in positivem Kontext erwähnt. Aber sie macht es damit vollkommen richtig, da sie die oben erwähnte Für-Kultur lebt. Sie sagt mir schon was sie gut findet und was sie sich als moralische globale Regel wünscht und ich diskutiere mit ihr darüber und gemeinsam entdeckt man dann auch andere Wege miteinander auf dem selben Planeten möglichst nachhaltig zu leben.
Dieser gemeinsame Aspekt ist meiner Meinung nach der wichtigste! Womit können möglichst viele Menschen leben und was lässt sich einfach umsetzen? Was nützt ein nachhaltigallisches Dorf, wenn die Römer drumherum einfach spinnen und ganze Wälder roden oder neue Plastikinseln im Meer erschaffen? Recht wenig. Man fühlt sich in seinem Dorf zwar sehr gut, dass man das Richtige getan hat, aber das auch nur so lange wie es die anderen einem vergönnen.
Ein nachhaltiger Lebensstil sollte wie Liebe sein, nämlich er sollte mehr werden, wenn man ihn teilt.
Nachhaltigkeit und Ernährung
Mein Dorf sagt mir, dass es leider nicht ganz so einfach ist sich diesbezüglich eine gefestigte Meinung zu bilden.
Verwirrung um das Thema Ernährung
Es ist wichtig zu verstehen, dass es beim Thema Ernährung viele Beteiligte gibt, die sich wegen wirtschaftlichen Interessen bzw. vermeintlichen Zwängen seltsam verhalten. Klar lügt der eine oder andere, aber ich will hier unterstellen, dass es auch Beteiligte gibt, die es einfach nicht besser wissen und deshalb hinter einer Sache stehen, weil ihnen aktuellere Informationen fehlen. Diese Mischung aus den Bösen, den Unwissenden, den Guten und denen, die halt gerade an einer wissenschaftlichen Meinung eines anderen „Wissenschaftlerdorfes“ hängen, ergibt das aktuelle Bild unserer Ernährungsgurus und Erzeugerprodukten.
Wie komme ich auf so eine Meinung? Werbung aus den 1960ern oder 1970ern. Kaum zu glauben, aber das Superfruit 1965 war Deutsche Markenbutter! Schmiert das Herz, heilt die Nerven und verhindert Gallensteine. Während der Lightproduktewelle ab etwa den 1990ern war Butter dann der Dämon, der einem nicht ermöglichte so zu bleiben wie man will, aber Margarine flüsterte einem ins Ohr, dass man jetzt dürfe. Und 2014 titelte das TIME-Magazine „Eat Butter. Scientists labeled fat the enemy. Why they were wrong.“ Ja, was ist denn jetzt richtig? Tierische Fette besser als pflanzliche? Daumendick Butter damit man leichter abnehmen kann – flutscht ja angeblich alles besser durch?
Wem soll man noch glauben?
Es kommt irgendwann der Punkt an dem man erkennen muss, dass man kein diplomierter Landwirt, Lebensmittelchemiker, Hirnforscher, Internist oder was man sonst noch sein müsste, um ein möglichst wahres Bild der Situation zu bekommen. Der kleine Lebensmittelchemiker bei einem Getränkehersteller sieht ebenfalls nur seinen Ausschnitt des Puzzles bzw. die Glaubenssätze seiner Ausbildungseinrichtungen. Sobald man überhaupt verstanden hat, dass Ernährung ein so extrem komplexes Gebilde ergibt, kann man auf mehrere Weisen darauf reagieren. Zum einen kann man sich ergeben und vorbehaltlos der aktuell vorherrschenden Lehrmeinung glauben, was man als Ignoranz fehlinterpretieren könnte, wenn man möchte dass bspw. alle vegan leben sollen. Alternativ kann man auch aus Prinzip sagen, dass alles aktuell Gelehrte lediglich wirtschaflichen Interessen geschuldet ist und die Fleischindustrie ist so stark, dass man sie als Dämon gut hernehmen kann. Das sind zwei Extreme.
In meinen Augen wird die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen. Das ist dann der härteste Weg, nämlich sich Gedanken machen welchen Aussagen man glaubt und welchen nicht. Daraus entsteht dann ein Patchwork aus Einstellungen und Verhaltensweisen, die dann noch mit der eigenen erlernten Wirklichkeit irgendwie in Einklang gebracht werden. Sobald man seinen eigenen moralischen Ernährungskodex zusammengestellt hat, dann wird dieser von allen Seiten mit Informationen, angeblichen Erkenntnissen, wahren Erkenntnissen und Emotionen torpediert und man weiß irgendwann selbst nichtmehr war das krebserregend, ethisch verwerflich, gerade nicht in Ernährungsmode oder erzeugt dieses Verhalten an anderer Stelle einen unvorhergesehenen negativen Effekt.
Der Weg aus dieser Verwirrung
Was vereint uns? Wenn man Fleisch isst, dann hofft man dass es gesund ist, dass das Tier möglichst wenig leiden musste und dass die Fleischproduktion möglichst wenig umweltbezogene Schäden hervorruft. Wenn man vegan isst, dann hofft man dass es gesund ist, dass die Pflanze möglichst wenig leiden musste und dass die Nahrungsproduktion möglichst wenig umweltbezogene Schäden hervorruft.
Man erkennt die Parallelen, die Ideen für gemeinsame Schritte geben und verbinden. Wenn Du mir bis hier her ohne Wutausbruch folgen konntest und vielleicht noch meinen Ausführungen zustimmst, dann solltest Du mir auch zustimmen können, dass selbst viele kleine Schritte besser sind als ganz wenige große. Es müssen mehrere Milliarden Menschen in der Lage sein dem nachhaltigen Weg folgen zu können.
Konkret kann man als Mischköstler beispielsweise vegane Gerichte ausprobieren. Oder noch besser: Vegan lebende Menschen könnten Mischkostler zum Essen einladen. Warum? Eine befreundete Vegetarierin hat mir zuliebe sich als Gastgeberin nach einer Übernachtung an Rührei mit Speck und Wurstbrot zum Frühstück probiert. Ich honoriere diese wunderbare liebevolle Geste, aber als jemand, der niemals nichtvegetarisch kocht, war sie mir doch ein wenig zu experimentell. Umgekehrt waren selbst bei Restaurants, also bei ausgebildeten Köchen, zu Beginn der Vegetarierbewegung die vegetarischen Gerichte, die Fleischgerichte nur ohne Fleisch! Ein anderer befreundeter Vegetarier erklärte mir, dass das für ihn sehr ätzend war. Spätzle mit Bratensauce ist laut ihm auch ohne den Rollbraten nicht ganz vegetarisch. Insgesamt sind solche negativen Erfahrungen vorprogrammiert, weil es sich um zwei unterschiedliche Kochstile handelt mit Zutaten mit unterschiedlichen Eigenschaften.
Alinas vegane Pancakes hatten bei mir eine Verlustrate von über 30%, weil Mehl und Ei sich in der Pfanne komplett anders verhält. Die Folge waren rohe Pancakes, schwarze Pancakes, Pancakes, die noch so halb roh waren, aber auch leckere Pancakes. Nur Erfahrung schärft das Auge für den richtigen Garpunkt oder die Anleitung einer Expertin. Hallo Alina!
„Wenn etwas gut schmeckt, dann wird das Label ‘vegan’ nebensächlich.“
Beim Fleischkonsum gehe ich für mich den Weg „Weniger,Lokal und Besser“. WLB unterstützt nebenbei die letzten verbliebenen Metzger der Region und auch die Kleinbauern im Umkreis. Am Sonntag wird normalerweise der Essensplan für die Woche gemacht und überlegt wann die Tage ohne Fleisch eingebaut werden. Macht man das einfach täglich spontan, dann siegt oft die jahrzehntelang eintrainierte Gewohnheit Dönermann, Pizza, SchniPoSa oder Currywurst, weil es schnell geht und lecker ist. Wenn aber Kartoffeln mit Frühlingsquark oder Pfannkuchen mit Spinat auf dem Plan stehen, dann klappt das besser, eben weil sie auf einem Plan stehen.
Gewohnheiten sind da und werden gepflegt. Sobald zwei fleischlose Tage feste Gewohnheit sind, dann gehen auch drei und irgendwann auch vier. Dann sind diese Gewohnheiten auch resistent gegen solche Sätze wie „Willst Du heute nichts Gescheites essen? Grünzeug macht doch nicht glücklich!“ Nachhaltigkeit ist da wie Gute Vorsätze zu Silvester – erst die regelmäßige Gewohnheit ermöglicht eine langfristige Umsetzung. Und es muss sich gut anfühlen. Also wer gut vegan kochen kann, der kann mir gerne die Tricks und Kniffe beibringen, damit vegan kochen mit weniger Frust und mehr Genuss verbunden ist.
Fazit
Nachhaltiger Lebensstil ist eine innere Einstellung, die den „Dorfdeppen“ in Dir und den Weg der kleinen Schritte akzeptieren kann. Wer mit Maximalforderungen sein nachhaltigallisches Dorf befestigt, der tätschelt zwar sein Ego, wird aber die nötigen gesamtgesellschaftlichen Änderungen eher blockieren als vorantreiben. Gemeinsame kleine Schritte sind nicht nur im Bereich Ernährung wichtig, sondern auch im Gesamtsystem zu betrachten. Diese Lust an der ganzheitlichen Betrachtung und die Toleranz gegenüber „Fehlern“ sind meines Erachtens der Kern eines nachhaltigen Lebensstils. Eine globale Nachhaltigkeit ist aktuell noch eine unerreichbare Utopie, aber jeder Schritt ist möglichst schnell zu vagen und sehr wichtig.
Ich wünsche jedem ein Dorf voller toller nachhaltiger Ideen.
Liebe nachhaltige Grüße von Thorsten von Wollbettdecke.de
Dieser Artikel war lange Zeit auf Alinas Webseite. Im Zuge eines Redesigns hat sie die alten Artikel von ihrer Seite genommen. Da in diesem Artikel viel Leidenschaft und wichtige Denkanstöße stecken, habe ich ihn an dieser Stelle erneut veröffentlicht.